Nach einem aus der Artikulatorischen Phonologie entlehnten Konzept werden Wörter nicht als Sequenzen diskreter, linear angeordneter Phoneme betrachtet, sondern als Geflechte von “artikulatorischen Gesten”, die zum Teil parallel ausgeführt werden und sich gegenseitig überlappen.  Artikulatorische Gesten repräsentieren “motorische Handlungen” der Lippen, der Vorderzunge, der Hinterzunge, des Gaumensegels und der Glottis, die der Bildung von Konstriktionen für die Erzeugung von Sprachlauten dienen. Für den stimmlosen Frikativ /s/ ist beispielsweise eine Engebildung durch die Vorderzunge an den Alveolen und eine Öffnung der Glottis erforderlich.

Ob ein Patient mit Sprechapraxie ein Wort korrekt aussprechen kann, hängt davon ab, welche und wie viele artikulatorische Gesten “geplant” werden müssen und in welcher Anordnung diese zu einander stehen. Dabei spielt z. B. die Position einer Geste innerhalb einer Silbe (An- oder Auslaut), die Häufung von Gesten innerhalb einer Silbenkonstituente (z. B. in Konsonantenverbindungen) oder die Position einer Geste innerhalb der metrischen Struktur eines Wortes eine Rolle.

In Analysen der Fehler sprechapraktischer Patienten auf einer großen Anzahl von Wörtern unterschiedlicher Struktur konnte ermittelt werden, welche Anordnungen artikulatorischer Gesten ein Wort besonders fehleranfällig machen. Mit diesem Wissen lässt sich für jedes Wort des Deutschen ein Schätzwert berechnen, der die relative Fehleranfälligkeit des Wortes beschreibt.

Dies Schätzwerte können dazu dienen, den Schweregrad sprechapraktischer Störungen zu erfassen und systematisch aufgebautes Therapiematerial zu entwickeln.  

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